Die orange Bank bei der Marienkirche haben Konfirmandinnen und Konfirmanden am „Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen“ aufgestellt. „Orange the world“ ruft die Frauenorganisationen der Vereinten Nationen seit Jahrzehnten auf: Die orange Bank weist darauf hin, dass dort „Kein Platz für Gewalt ist“. Mit einem QR-Code an der Bank werden Menschen, die Hilfe gegen Gewalt suchen, auf eine Seite des Evangelischen Jugenddienstes geführt. Dort finden sie eine Liste von Stellen und Einrichtungen, wo Menschen, die Gewalt erfahren haben, Unterstützung und Hilfe bekommen können – siehe https://jugenddienst-hameln-pyrmont.wir-e.de/beratungsstellen-im-umkreis-fuer-sorgen-und-noete
Um alle besser vor Grenzüberschreitungen zu schützen, hat die Kirchenkreissynode ein Schutzkonzept beschlossen. Eine von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Auftrag gegebene und im Frühjahr veröffentlichte Studie hat deutlich gemacht, dass sexualisierte Gewalt in Räumen der Kirche häufig vorgekommen ist. Die ForuM-Studie benennt sexuelle Grenzüberschreitungen in hoher Zahl. Die geschützt erscheinenden Räume der Kirchen, Kirchengemeinden und kirchlichen Institutionen boten Tätern die Möglichkeit, meist jungen Menschen großen Schaden zuzufügen.
Sexualisierte Gewalt widerspricht zutiefst dem christlichen Menschenbild und dem Evangelium von der Liebe Gottes, die jeden einzelnen Menschen als Gottes Ebenbild wahrnimmt, respektiert und in seiner Würde schützt, erklärt das Schutzkonzept des Kirchenkreises: Täter und Täterinnen sollen zur Rechenschaft gezogen werden. Solcher Missbrauch soll in kirchlichen Mauern nicht geschehen, erläutert Superintendent Stephan Vasel: „Alles, was in unseren Kräften steht, tragen wir dazu bei.“ Deshalb wurde die Stelle einer Präventionskraft eingerichtet, um die Kirchengemeinden und die kirchlichen Einrichtungen auf diesem Weg zu unterstützen.
Von Anfang an seien die meisten Kirchengemeinden und viele Haupt- und Ehrenamtliche ihr aufgeschlossen begegnet, berichtet Melanie Dörpmund. Die Zustimmung habe sie überrascht bei diesem schwierigen und von Scham belasteten Thema, erzählt sie. Dabei strahlt die staatlich anerkannte Erzieherin und Heilpädagogin eine kaum zu beschreibende Zuversicht aus. Fast alle Kirchengemeinden hätten mittlerweile dem Schutzkonzept des Kirchenkreises zugestimmt oder ein eigenes beschlossen. Parallel dazu finden bereits seit Monaten in den Kirchengemeinden und Einrichtungen Sensibilisierungsschulungen für Haupt- und Ehrenamtliche statt: „Die ersten Abende waren eine motivierende und besondere Erfahrung, nicht nur für mich,“ erzählt Melanie Dörpmund. Sie hat sich in den vergangenen Jahren zur systemischen Beraterin weitergebildet. Nun berät und begleitet sie die heterogenen Gruppen, die sich bei diesen Grundschulungen treffen: Ehrenamtliche aller Altersklassen, die in unterschiedlichen Aufgabenbereichen einer Kirchengemeinde oder einer Region engagiert sind. Für viele sei es die erste Begegnung mit Menschen, die in anderen Bereichen arbeiten. Es besteht großes Einvernehmen, diesem schwierigen Thema einen Raum zu geben.
Im kommenden Jahr werden die Risikoanalysen erstellt, dazu haben sich alle in ihren Schutzkonzepten verpflichtet. Es geht darum, vorhandene Risiken zu erkennen, sie zu minimieren und dadurch die Schwelle des Zugangs für potenzielle Täterpersonen zu erhöhen. Das werde noch einmal eine Herausforderung, aber sie werde dies begleiten und unterstützen, erklärt Melanie Dörpmund. Sie hat bis zum Sommer die Kindertagesstätte und das Familienzentrum im Bildungshaus am Klüt geleitet. Nachdem sie mit ihrem neuen Auftrag mit nahezu allen Kirchengemeinden Kontakt hatte, berät sie nun auch die diakonischen Beratungsstellen bei der Erstellung eines Schutzkonzepts. Es muss auch in der Beratungsarbeit einen Handlungsplan geben, wie dort Menschen – Klienten und Mitarbeitende – geschützt werden. Melanie Dörpmund begleitet Menschen, die in Diakonie und Kirche engagiert sind, damit kirchliche Räume geschützte Räume sind. Kein Platz für Gewalt – das gilt nicht nur auf der orangen Bank. Christof Vetter