Hameln. Am Sonntag, 1. Dezember, beginnt das neue Kirchenjahr. Der Kirchenkreis Hameln-Pyrmont begrüßte zu diesem wichtigen Datum hohen Besuch im Münster St. Bonifatius: Kristin Jahn, Generalsekretärin des Evangelischen Kirchentags. Der nächste findet unter dem Motto aus dem 1. Korintherbrief mutig-stark-beherzt vom 30. April bis 4. Mai 2025 in Hannover statt. Superintendent Dr. Stephan Vasel führte dazu ein Interview mit der Generalsekretärin. Kristin Jahn hielt auch die Predigt zum Adventsgottesdienst. Für die musikalische Ausgestaltung sorgte der Kammerchor voces novae unter Leitung von Kirchenkreiskantor Stefan Vanselow. Im Kirchenschiff erklangen A-cappella-Chorwerke von Anton Bruckner anlässlich dessen 200. Geburtstags sowie von Felix Mendelssohn Bartholdy wie „Lasset uns frohlocken“.
Sexualisierte Gewalt – ein Thema des Kirchentags
„Wir bereiten den Kirchentag in Hannover seit fast zwei Jahren vor“, berichtete Kristin Jahn. Geplant sei auch den Bundeskanzler einzuladen. Wegen der bevorstehenden Bundestagswahl am 24. Februar wisse man aber noch nicht, wer das sein werde. Ein großes Thema der angebotenen Foren sei die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt. „Mich beschämt, dass wir so lange dafür gebraucht haben.“ Prominenten Tätern habe man sogar auf Kirchentagen eine Bühne geboten, wie Uwe Kaminsky, Autor einer Studie zum Thema sexualisierte Gewalt in kirchlichen Kontexten, herausgefunden hatte. Dann gehe es auf dem Kirchentag auch um das spirituelle Leben der Bürger: Segen ganz anders leben, wie geht Abendmahl und Kyrie-Gebete. Jahn sprach in diesem Zusammenhang vom „Schwarzbrot des Kirchentags“. Auf der Kirchentagswebseite www.kirchentag.de/shop gebe es eine App mit 75 Liedern, die man sich bereits jetzt herunterladen könne. Teilnehmende des Kirchentags erhielten das Liederbuch kostenfrei zu ihrem Ticket. „Auf der Fahrt zum Kirchentag nach Hannover könnt ihr schon mal 30 Lieder singen“, schlug Jahn den Gottesdienstbesuchern mit einem Augenzwinkern vor. „Wir sind als Kirchenkreis auch da beim Markt der Möglichkeiten am 30. April“, sagte Stephan Vasel. Am Stand des Kirchenkreises könne man sich für seinen Tauf- oder Hochzeitsspruch mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz ein Bild im Stil von Monet oder van Gogh gestalten und auf sein Handy schicken lassen.
Gott sagt: Du bist nicht schuld
In ihrer Predigt thematisierte Kristin Jahn sexuellen Missbrauch am Beispiel einer fiktiven Tochter Lena, die sich von ihrem Vater Nähe und Umarmungen gewünscht hatte, von diesem aber missbraucht worden war: „Es gibt Tage, da ist sie wütend auf ihren Vater und sich selbst. Gott sagt: Du bist nicht schuld.“ Die Pastorin benannte auch einen Günter, der Angst habe seinen Job zu verlieren und seitdem auf jede rechtsgerichtete Demo gehe. Nach dem Motto „Wird Zeit, dass sich was ändert“. Auch in Deutschland gebe es Menschen, die für Parteien stimmten, die Menschen verachteten. Jahn riet dazu wie Jesus bei seinem Einzug auf einem Esel in Jerusalem sanft zu bleiben. Auf Verletzungen nicht mit Verletzungen zu reagieren und auf Hass nicht mit Hass zu antworten. „Dieser Jesus kommt mit Liebe. Er konnte ohne Herrschaft und Feindbild leben. Ich probiere das Tag um Tag – es gelingt mir nicht immer“, gestand sie. Weit sei der Weg zu einer Herrschaft ohne Machtmissbrauch.
Hüte Dich vor Leuten die großspurig auf einen Knopf drücken
„Hüte Dich vor Leuten die großspurig daherkommen, die auf einen Knopf drücken und der Friede ist da. Es gibt so einen Knopf nicht. Wahre Liebe kostet was – und sie trampelt nicht auf anderen Menschen herum. Wie Gott, der über allem sanft thront“, schloss Jahn ihre Predigt. Danach erklangen wieder die wunderbaren Stimmen des Kammerchors voces novae. Sie hallten noch lange nach im Münster. Harald Langguth