Schwerpunkt Alkoholismus: 22 Prozent mehr Beratungen in der Fachstelle für Sucht und Suchtprävention

Pressemitteilung Hameln, 06. September 2024
Alkohol ist kein Sanitäter in der Not (v.l.): Birgit Löhmann, Britt Alessa Wunnenberg und Dr. Stephan Vasel mit dem neuen Jahresbericht der Diakonischen Beratungsstellen. Foto: Harald Langguth

Bundesweit sind acht Millionen Erwachsene von Substanzen oder Glückspiel abhängig. Etwa 13 Millionen Menschen nutzen diese missbräuchlich. Der häufigste Grund für eine Beratung in einer Suchthilfeeinrichtung ist Alkoholabhängigkeit – so auch in Hameln.

Von 2022 bis 2023 ist die Gesamtzahl der Kontakte in der Fachstelle für Sucht und Suchtprävention der Diakonischen Beratungsstelle um 22 Prozent gestiegen: von 2.520 auf 3.076. Dies betrifft die Beratung von Einzelpersonen, Paaren, Familien sowie die Beratung am Telefon. Die Zahlen stehen im aktuellen Jahresbericht der Diakonischen Beratungsstellen im Ev.-luth. Kirchenkreis Hameln-Pyrmont.


Brandbeschleuniger Corona

„Corona hat als Brandbeschleuniger zu mehr Alkohol-Konsum geführt. Aber auch Einsamkeit und der Krieg in der Ukraine sind suchtsteigernde Faktoren“, berichtet Britt Alessa Wunnenberg, Leiterin der Fachstelle für Sucht und Suchtprävention. Es gebe aber auch eine hohe Dunkelziffer: „Wir beraten hier nur die Spitze des Eisbergs.“  Wer sich helfen lassen möchte, kann einfach in die kostenfreie offene Sprechstunde ohne Terminvereinbarung kommen. Diese findet donnerstags von 10 bis 11 Uhr und dienstags von 15 bis 16 Uhr am Münsterkirchhof 10 in Hameln statt. In Bad Münder wird einem seit Anfang des Jahres donnerstags von 10 bis 11 Uhr in der Angerstraße 2 weitergeholfen. „Die Menschen, die kommen, sind sehr beschämt. Aber sie haben den wichtigen ersten Schritt getan. Wir schauen dann gemeinsam, wie es weitergehen kann“, sagt Wunnenberg. Nach einer mehrtägigen Entgiftungsphase werden die Ratsuchenden dann in eine der umliegenden Kliniken vermittelt. Die anschließende Suchtrehabilitation muss von der zuständigen Kranken- oder Rentenversicherung genehmigt werden.  


Fast 13 Jahre bis zum Erstkontakt mit der Suchtberatung

„Die Not ist bei den Menschen wirklich groß. Wir sind froh, dass sie sich zu uns trauen“, bekräftigt Dr. Stephan Vasel, Superintendent im Kirchenkreis Hameln-Pyrmont. „Erst wenn die soziale Basis nicht mehr funktioniert, kommen die Betroffenen“, hat Birgit Löhmann festgestellt. Sie ist Diakoniebeauftragte im Kirchenkreis. Bis es so weit ist, gehen durchschnittlich 12,9 Jahre in Land. „Es braucht diese Zeit, bis die Menschen den Mut fassen zu uns zu kommen“, bedauert Britt Alessa Wunnenberg.


Selbsthilfegruppen unterstützen

„Wenn sie dann nach der Reha wieder zu uns kommen, sind das vollständig andere Menschen. Wir begleiten sie im Schnitt über 1,5 Jahre“, berichtet die ausgebildete Sozialarbeiterin weiter. Wichtig für die weitere Gesundung der Patienten seien die zahlreichen Selbsthilfegruppen. „Die treffen sich fast täglich in Hameln und Bad Münder. Ein Gespräch mit anderen Betroffenen hilft, abstinent zu bleiben“, weiß Wunnenberg. Sie wünscht sich eine Präventionskraft für Schulen und Betriebe. Denn Alkoholsucht ist ein Thema, das immer früher anfängt. Finanziert wird die Suchtberatung vom Landkreis, dem Land Niedersachsen und vom Kirchenkreis.